Aktuelles

d15-Doublefeature

Der Antisemitismusskandal auf der documenta15 hat im vergangenen Jahr Kunstwelt, Feuilletons und politischen Aktivismus in Aufruhr versetzt. Kürzlich erinnerte die Publikation des Berichts einer Expertengruppe daran … Gemeinsam mit der Gruppe Minus widmen wir uns dem Thema mit etwas zeitlichem Abstand in zwei spannenden Veranstaltungen.

Documenta15 revisited (I): Dabei sein ist alles. Kunst nach dem Ende ihrer Autonomie

Moderiertes Gespräch mit Wolfgang Ullrich und Jakob Hayner

Auf der documenta15 offenbarte sich nicht nur ein in der Kunstwelt virulenter Antisemitismus, sondern auch ein Kunstverständnis, das die eigentlichen Werke zugunsten eines politischen Aktivismus aufgibt. Ihm ist die Eigenlogik der Kunst nur noch lästig, stattdessen dienen Exponate und Ausstellungen heute der Verwirklichung äußerer Zwecke. Damit verzichtet Kunst aber auf ihren Wahrheitsanspruch und hintergeht die Bedingungen der Möglichkeit von ästhetischer Erfahrung.

Der Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich lieferte bereits ein Jahr vor der documenta15 eine treffende Analyse der Kunst nach dem Ende ihrer Autonomie, wie sie sich in der westlichen Welt seit der Renaissance entwickelt und mit dem Hochkapitalismus durchgesetzt hat. Auch der Journalist und Theaterkritiker Jakob Hayner diagnostizierte diese Erosion der ästhetischen Eigengesetzlichkeit anhand des Theaters der Gegenwart unlängst in seinem Buch Warum Theater. Während Hayner diese Zerfallsprozesse kritisiert und die Autonomie der Kunst gegen Forderungen nach Nützlichkeit verteidigt, erscheint sie bei Ullrich als hoffnungslos Vergangenes. In den lauter werdenden politisch-moralischen aktivistischen Ansprüchen sieht er hingegen ein utopisches Potenzial.

Dienstag, 21. Februar 2023 | Beginn: 19 Uhr | Einlass: 18.30 Uhr | Conne Island | Koburger Straße 3 | Leipzig

Documenta15 revisited (II): Fluch der guten Tat. Wie die Kultur die Kunst erledigt

Gespräch mit Bazon Brock

Die documenta15 ist noch in frischer Erinnerung. Ebenso die zum Teil wenig fruchtbaren Debatten: Regelmäßig folgte auf die Skandalisierung antisemitischer Gehalte diverser Exponate die teils schroffe Zurückweisung dieser Kritik. Jenseits der Diskussionen um einzelne Ausstellungsstücke stellte der Kunsttheoretiker Bazon Brock in verschiedenen Beiträgen grundsätzlichere Fragen zur letztjährigen Ausgabe der weltweit bedeutenden Kunstschau: Hatten wir es dort überhaupt mit Kunst zu tun? Was ist der Unterschied zwischen Kunst und Kultur? Sollten wir uns der vom Künstlerkollektiv ruangrupa kuratierten Veranstaltung kultursensibel-relativistisch annähern? Oder gilt es vielmehr, die zumindest historisch im Westen geprägten Konzepte von individueller Autorschaft und autonomem Kunstwerk zu verteidigen? Warum mündet umgekehrt die Berufung auf Kultur in Angriffe auf die Kunst, wie wir sie von autoritären Staaten kennen? Über diese und weitere Fragen möchten wir mit Bazon Brock ins Gespräch kommen.

Bazon Brock ist emeritierter Professor für Ästhetik und Kunstvermittlung und langjähriger Mitwirkender und kritischer Begleiter der dxocumenta in Kassel. Er war Teil der Fluxus-Bewegung und beschäftigt sich seit vielen Jahren praktisch und theoretisch mit Fragen der Kunst und ihrer Aufhebung. Brocks Einlassungen zur documenta15 sind in dem Band Kürzeste Besucherschule d15 (Köln 2022) zu finden und können in einem Interview mit dem Deutschlandfunk nachgehört werden.

Donnerstag, 9. März 2023 | Beginn: 19 Uhr | Einlass: 18.30 Uhr | Galerie KUB | Kantstraße 18 | Leipzig

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The Great Connewitz Swindle. Anmerkungen zu einem widerständigen Stadtteil

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Interview mit dem Roter Salon im CEE IEH #268

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