The Great Connewitz Swindle

Anmerkungen zu einem widerständigen Stadtteil

Im bekanntesten Leipziger Szenestadtteil wird linke Gewalt von Aktivisten und Sympathisanten seit Jahrzehnten notorisch verklärt. Die Geschichte des Viertels dient hierbei als Quelle einer Mythologisierung, der zufolge es im Kiez schon immer knallte. Dabei zeigt ein Rückblick auf drei Jahrzehnte Connewitz, wie linke Gewalt ihre frühe Legitimation als Notwehr gegen Naziangriffe und probates Mittel zur Sicherung alternativer Freiräume bald überschritt. Unter den Bedingungen gesamtgesellschaftlicher wie stadtpolitischer Liberalisierung verkam sie zum bewusstseinsstiftenden Brauchtum einer wachsenden Szene, die sich vor lauter lebensweltlicher Anerkennung nicht mehr anders abzusondern weiß als durch Militanz. Eine Aufklärung.

[die Broschüre als pdf zum Download gibt’s hier]

Silvester 2020 steht vor der Tür. Kommt es erneut zu Straßenschlachten am Connewitzer Kreuz? Nur Wenige wohl würden nach einem an gewalttätigen Auseinandersetzungen nicht gerade armen Jahr dagegen wetten. Die Szene scheint in Aufruhr und sie pflegt ihre Traditionen. Dazu gehört seit Jahren auch die Randale zum Jahreswechsel, für die es keinen konkreten politischen Anlass braucht.

Vor knapp einem Jahr jedenfalls hatte es am Connewitzer Kreuz mal wieder richtig geknallt.[1] Kiezmilizionäre bewarfen die Polizei mit Böllern, Flaschen und Raketen, Einzelne gingen ins direkte Handgemenge. Die Staatsmacht reagierte alles andere als zimperlich, schubste und prügelte sich durch die Masse der zumeist Schaulustigen. Später berichteten Augenzeugen von bewusstlos geschlagenen Opfern und solchen mit Nasenbeinfraktur. Weil aber auch ein Polizist so verletzt wurde, dass eine Operation notwendig war – was die Behörden in verzerrender Weise zunächst als »Notoperation« skandalisierten –, bekam die Silvesterrandale noch mehr Aufmerksamkeit als sonst. Das lag nicht zuletzt an einer eindrucksvollen Vorgeschichte linker Gewalt in Leipzig. Spektakuläre Brandanschläge auf Baustellen und ein gezielter Überfall linker Gentrifizierungskritiker auf die Angestellte einer Immobilienfirma hatten den Wahrnehmungsfokus der Medien bereits überregional geschärft. Hinzu kam die anstehende Kommunalwahl, die der konservative Herausforderer zu einer Entscheidung zwischen unterschiedlichen Sicherheitskonzepten stilisierte. Also besuchten viele Journalisten die ostdeutsche Boomtown und stellten mit einer Unvoreingenommenheit, die sich auch als politische Naivität begreifen lässt, die Frage, wie ein so schöner Stadtteil nur immer wieder in die Schlagzeilen kommt.[2]

Linke Reaktionen auf den Gewaltausbruch in Connewitz fielen unisono relativierend aus. Die Landtagsabgeordnete der Linken Juliane Nagel führte die Gewalt auf die permanente Kriminalisierung des Viertels zurück, die sich am Tag selbst durch das Kreisen eines Hubschraubers seit den Mittagsstunden und die Einrichtung einer Verbotszone besonders krass gezeigt habe;[3] dass der »Stadtteil […] insgesamt kriminalisiert« werde, »stört« jedoch »die Bewohnerinnen und Bewohner«.[4] Ähnlich lautete auch das Credo eines Offenen Briefes von Connewitzer Bewohnern, die sich aufgrund der Ereignisse zu Wort meldeten und ebenfalls eine »Stimmungsmache gegen Connewitz« beklagten, und denen dabei das Kunststück gelang, die Ausschreitungen, geschweige denn, von wem sie ausgegangen waren, mit keinem Wort zu erwähnen.[5] Der Szenehistoriker Sascha Lange führte die Silvesterrandale unterdessen auf ein angetrunkenes Publikum aus feiernden »fröhlichen jungen Menschen« zurück, das von der Polizei in ungerechtfertigter Weise provoziert worden sei. Die Hauptverantwortung liege deshalb bei den staatlichen Behörden, deren bloße Anwesenheit die Gewalt recht eigentlich heraufbeschworen habe.[6]

Kritische Stimmen aus Connewitz hingegen, die danach fragten, was an diesem rituellen Gewaltausbruch eigentlich noch »links« sein soll, waren jenseits der Internet-Kommentarspalten nicht zu vernehmen. Nachfragen hätten beispielsweise die Schuldzuweisung an die vor Ort präsente Polizei thematisieren können. Schließlich kann davon ausgegangen werden, dass die immer wieder beschworene »friedliche« Silvesterfeier am Kreuz, die angeblich nur ohne bzw. mit stark deeskalierenden Polizeikräften möglich sei, schnell zum Reinfall geworden wäre, ja, dass irgendwann, um doch noch in den Genuss der von allen erwarteten Straßenschlacht zu kommen, die »Feiernden« eine Werbetafel oder einen Einsatzwagen zerlegt hätten. Denn machen wir uns nichts vor: Genau genommen gehört die Polizei zu »Silvester am Kreuz« dazu wie das Feuerwerk zu Neujahr ‒ für die selbsternannte »Kiezmiliz« als unerlässlicher Sparringspartner, an dem die eigene Militanz unter Beweis gestellt werden kann; für die Schaulustigen, um ihren Jahreswechsel mit etwas Straßenkampf-Flair aufzuwerten. Ehrlich war in diesem Zusammenhang deshalb allein ein anonymes Bekennerschreiben auf Indymedia, das als repräsentativ für die aktionsorientierten Teile der Szene gelten kann. Es erklärte die Angriffe wenige Tage nach der Randale gewissermaßen zur Rache für im Jahr 2019 erlittene »Erniedrigungen, Körperverletzungen, Beleidigungen und gewalttätig[e] Übergriff[e]« seitens der »Schweine«.[7]

Soviel Relativierung und Desinteresse von Personen, die es eigentlich besser wissen, hat indes Methode. Denn zum beliebtesten Argument der Rechtfertigung von Gewalt gehört die Rede vom »Mythos Connewitz«, demzufolge eine notfalls auch militante Widerständigkeit schon immer zum Stadtteil gehört habe, ja dessen Existenz als linkes Viertel sich dieser überhaupt erst verdanke. Gemeinhin ist damit die Zeit vom Ende der DDR bis Anfang der 1990er Jahre angesprochen, als sich ‒ so die landläufige Vorstellung ‒ in den wilden Jahren nach dem Ende des Staatsozialismus eine linke Szene gerade deshalb etablieren konnte, weil sie mittels Hausbesetzungen alternative Wohnprojekte und kulturelle Zentren »erkämpfte« und diese militant gegen Naziangriffe verteidigte. Diese romantische, bis heute lebendige Vorstellung des renitenten Viertels kolportierten bereitwillig nicht nur eine Reihe überregionaler Zeitungen, als sie in ihren im Nachgang der jüngsten Silvesterkrawalle angefertigten ganzseitigen Reportagen über die linke Szene Leipzigs mehr oder weniger bewundernd auf diesen »Mythos« zu sprechen kamen. Die Verklärung existiert auch in einer konservativen Version: Zu Beginn der 1990er Jahre seien Autonome aus Kreuzberg und der Hafenstraße nach Leipzig gekommen und hätten alsbald die örtliche Besetzerszene dominiert, um sie ‒ sozusagen von außen kommend ‒ zu Gewalt und Unbotmäßigkeit gegenüber der neuen Staatsform anzustiften.[8] Am stärksten pflegt den Mythos gleichwohl die Linke selbst, sei es in Demoaufrufen, die eine militante Lebenseinstellung als Connewitzer Exportschlager suggerieren[9] oder die damit spielen, dass Connewitz »rot« bleiben werde,[10] sei es in Form verschiedenster Stadtteil-Devotionalien einer linksradikalen Klamottenmarke[11] oder in inzwischen auch romanhaften Verarbeitungen, die eine Traditionslinie des widerständigen Connewitz bis in die Nazizeit ziehen.[12]

Wenig überraschend ist die linke Rede vom »Mythos Connewitz« deswegen nicht näher an der Wahrheit. In der Regel sehen linke Kiezbewohner und Aktivisten überhaupt keinen Grund, sich über den mythischen Gehalt des kollektiven Gedächtnisses zu verständigen, geschweige denn diesen offenzulegen. Sprechen sie vom »Mythos Connewitz«, dann nicht, um zwischen historischem Geschehen und Legende zu unterscheiden. So verweist Jule Nagel in einem Aufsatz über Leipzig als linke Hochburg zwar auf den »Mythos«, versteht darunter aber offensichtlich allein die Entstehungsgeschichte der alternativen Strukturen als solche.[13] Mythos meint hier das Image oder den Ruf des Stadtteils. Das mag mit einigen Übertreibungen einhergehen, treffe jedoch im Großen und Ganzen die Wahrheit. Aus dieser Perspektive fungiert die Kiezgeschichte für Nagel ausschließlich als Andockstelle, »um an emanzipatorische Linien anzuknüpfen«.

Diese in der Szene geläufige Vorstellung eines linken Ursprungs, an dem es festzuhalten gelte, erhielt in der Vergangenheit recht unterhaltsame Nahrung durch Auftritte und Veröffentlichungen von Sascha Lange. Vor reichlich fünf Jahren präsentierte er seine vornehmlich aus dem Privatarchiv gespeiste Diashow »Entstehungsgeschichte eines Mythos« im Conne Island. In seinen mehrmals ausverkauften Veranstaltungen vor einem zu großen Teilen begeisterten Publikum beschrieb Lange das »Mythische« als hier und da überbordendes Gerücht und kleine Übertreibung des im Kern aber tatsächlich beachtlichen Gewaltpotenzials der linken Szene Anfang der 1990er Jahre. Um dieser Einschätzung Nachdruck zu verleihen, hatte er bereits in der Ankündigung des Events die im November 1992 stattfindenden Riots in Connewitz als »größte Straßenschlacht in Leipzig seit dem 17. Juni 1953« bezeichnet und damit einem außerhalb der Stadt- und Landesgrenzen eher marginalem Ereignis geradezu nationalhistorische Bedeutung verliehen.[14] Diese fragwürdige Assoziation, die zwei höchst unterschiedliche Begebenheiten aus ihren Entstehungskontexten herauslöst und auf den gemeinsamen Nenner der Straßengewalt bringt, könnte als Ausdruck einer selbstverliebten Effekthascherei vernachlässigt werden. Gleichwohl steht auch dieses Beispiel für ein linkes Desinteresse, den »Mythos Connewitz« auf eine Weise zu hinterfragen, der den Anteil der Legende in dieser historischen Erzählung offenlegt.

Das Folgende ist ein Versuch, diese Auslassung zu beheben. Mit Blick auf die Straßenschlacht im November 1992, die ersten Silvesterkrawalle am Connewitzer Kreuz 1998/1999 und die Antifa-Randale in der Südvorstadt 2015 soll für jeweils eine bestimmte Entwicklungsphase der linken Szene der »Mythos Connewitz« abgeklopft werden. Dabei geht es uns nicht um eine akribische Szenechronologie, sondern um die Überprüfung des Realitätsgehalts der Legende vom widerständigen Connewitz anhand dreier emblematischer Ereignisse. »Mythos« meint hier nicht einen geschichtlichen Ursprung, an den in irgendeiner Weise anzuknüpfen ist. Vielmehr impliziert die Rede vom Mythos in analytischer Perspektive das Vorhandensein einer bestimmten Vorstellung über die Renitenz eines Viertels, die auf die 1990er Jahre zurückgeht, sich aber auch danach immer wieder reproduziert hat. Drei Elemente sind für dieses Narrativ konstitutiv: Ein mittels Besetzungen »erkämpfter« Freiraum, der ein selbstbestimmtes Leben jenseits gesellschaftlicher Normen erlaub(t)e; die erfolgreiche Abwehr von Naziangriffen, die vor allem in der unmittelbaren Nachwendezeit eine ständige Bedrohung darstellten; und die Behauptung gegenüber der Staatsgewalt, der wenn nötig auch schon mal militant begegnet werden darf.

Traum und Wirklichkeit in der Übergangszeit

Als Urmoment der »Widerständigkeit« gelten für gewöhnlich die Krawalle vom 27./28. November 1992. Ausgelöst hatte sie ein unverhältnismäßiger Polizeieinsatz in der Leopoldstraße, bei dem ein Warnschuss einen 17-jährigen Kiezbewohner schwer verletzte. Daraufhin lieferten sich etwa 200 Personen eine Straßenschlacht mit der Polizei, die die ganze Nacht andauerte, zu mehr als 40 Festnahmen und 1 Million DM Sachschaden führte und Leipzig für kurze Zeit überregionale Aufmerksamkeit bescherte. Und in der Tat: Wer kennt es nicht, das ikonische Foto der zwei Trabis, die auf der Bornaischen Straße eine brennende Barrikade bilden. Was damals dem taktischen Ziel diente, den Ordnungskräften den Zugang zum »Bermuda-Dreieck« zu versperren, wird heute bisweilen, gedruckt auf T-Shirts, Aufklebern oder Plakaten, als Signum jener Unbotmäßigkeit des Viertels zur Schau gestellt, getreu dem Motto: Nach dem Kreuz beginnt eine andere Welt, in der Bullen und Staat nichts zu sagen haben.[15] Auch über die Krawalle selbst hält sich in der Szene bis heute ein wohlwollendes Bild. So wird ihnen ‒ wie bereits erwähnt ‒ wahlweise historische Bedeutung zugesprochen, indem sie zur größten Straßenschlacht in Leipzig seit dem 17. Juni 1953 überhöht werden;[16] anderswo heißt es, der strahlende »Glanz« des Mythos gehe auf sie zurück.[17]

Schaut man sich die Ereignisse des 27./28. November 1992 genauer an, eignen sich die Krawalle kaum zum Mythos. Genau genommen wollen sie sich einzig als sinnstiftend erweisen, wenn man sie auf einen Aspekt reduziert – den der eindrücklich geführten Machtdemonstration bzw. der Militanz. Denn schon damals war die Konstellation komplexer, als dass es »nur« um die (berechtigte) Wut gegenüber einer wildgewordenen Polizei gegangen wäre. So wurde die Eskalation der Gewalt nicht unwesentlich dadurch befördert, dass man die Räumung aller besetzten Häuser in Connewitz halluzinierte. In der Tat erfuhr die Auseinandersetzung in der Leopoldstraße nicht nur durch den Einsatz von Schusswaffen an Dynamik, sondern auch und vor allem durch das Gerücht, die Räumung stehe unmittelbar bevor. Aus diesem Grund errichteten Besetzer in jener Nacht Barrikaden, und zwar nach Abzug der Polizei aus der Leopoldstraße. Dass es zu den befürchteten Räumungen nicht kam, ja nicht einmal der Versuch dazu unternommen wurde, weder in der Nacht selbst noch in den darauffolgenden Tagen, ließ freilich weder die Beteiligten stutzig werden noch jene Vertreter der Szene, die sich danach bemühten, die Ereignisse in einer ausführlichen Dokumentation aufzuarbeiten. Vielmehr kolportierten Letztere nachträglich die ausschließlich auf Hörensagen beruhende Erzählung, Einsatzkräfte der Polizei in Dresden (wie auch die Leipziger Feuerwehr) seien angeblich bereits am Nachmittag des 27. November in Bereitschaft versetzt worden, um schnell nach Connewitz verlegt werden zu können. Die Eskalation mit dem Ziel der Räumung schien also von langer Hand geplant.[18]

In der Rückschau erweist sich die Annahme einer bevorstehenden Räumung allerdings als gänzliche Fehleinschätzung der Kräfteverhältnisse in Stadt und Land. Zwar gab es tatsächlich eine aggressiv geführte Debatte um Connewitz als Kriminalitätsschwerpunkt, in der CDU, DSU, eine Stadtteilinitiative und Teile der Öffentlichkeit das Schreckgespenst an die Wand malten, Connewitz entwickle sich »zu einer Mischung aus Hafenstraße und Bronx«,[19] weshalb die sofortige polizeiliche Räumung aller besetzten Häuser geboten sei, worin sie von der CDU-Landesregierung sekundiert wurden. Auch die knapp zwei Jahre zurückliegende Räumung der Mainzer Straße in Berlin, als der neugewählte Senat das aus den Wendewirren hervorgegangene Projekt der Besetzung mehrerer Häuser im Ostteil der Stadt durch mehrheitlich West-Berliner Autonome mit schwerem Gerät abrupt beendet hatte, wobei Aufrufe zur Deeskalation des Konflikts rabiat ausgeschlagen worden waren, dürfte die Wahrnehmung zumindest der Gefahr einer Räumung unterstützt haben.

Die SPD-geführte Stadtverwaltung indes duldete die Besetzungen in Connewitz als solche und befürwortete ausdrücklich »alternatives Wohnen« als Lebensform. Sie hatte bereits 1990 den geplanten Teilabriss des Viertels verworfen und das Schlagwort einer »behutsamen Stadterneuerung« ausgegeben, die eine Integration der besetzten Häuser in den Sanierungsprozess ausdrücklich vorsah.[20] Ferner waren die leitenden Mitarbeiter der Stadt etwa im Bau- oder Kulturdezernat nicht selten vom »Geist von 89« inspiriert, stammten sie doch bisweilen selbst aus Kreisen der DDR-Opposition oder hatten im Westen Erfahrungen in der antiautoritären Bewegung gesammelt.[21] Die alternative Szene in Connewitz, die ihrerseits Vorläufer in der Bürgerbewegung hatte, betrachteten sie deshalb nicht selten mit Sympathie. In jedem Fall waren sie bestrebt, die Projekte in legale Bahnen zu lenken, weshalb die kommunale Wohnungsbaugesellschaft mit einer Reihe von Häusern schon länger Verhandlungen führte. Ein offensichtliches Wohlwollen zeichnete selbst den aus Hannover importierten Oberbürgermeister Lehmann-Grube (SPD) aus, und dies obwohl er dort eher durch eine harte Hand gegenüber der Hausbesetzerszene aufgefallen war. Noch nach den Krawallen gab er jedenfalls zu verstehen, die »Mehrzahl der Randalierer« seien zugereiste »Krawalltouristen« gewesen, wohingegen Besetzer, die sich »gutmütig und friedfertig« verhielten, nichts zu befürchten hätten.[22] Langfristig gesehen war es mit dieser abwartenden Haltung nach den Krawallen jedoch vorbei. Zum Handeln gezwungen verabschiedete Lehmann-Grube im Januar 1993 die sogenannte – im Übrigen bis heute gültige – »Leipziger Linie«, die besagt, dass Neubesetzungen innerhalb von 24 Stunden zu räumen sind. Zudem schwenkte die Stadt gegenüber bestehenden Besetzungen wie der Ernestistraße, der Stewa und der (alten) Distillery nun auf einen harten Kurs um, der bis Mitte der 1990er Jahre die Aufgabe, Räumung oder Neuansiedlung dieser Projekte in anderen Stadtteilen zur Folge hatte.

Zugleich war die Szene offensichtlich nicht in der Lage zu erkennen, dass die Übergangszeit der Wendejahre, der sich Connewitz als linker Kiez allererst verdankt, bereits an ihr Ende gekommen war. Dies betraf sowohl die fortschreitende Klärung von Eigentumsverhältnissen besetzter oder leerstehender Immobilien, die an vormalige Eigentümer restituiert oder verkauft wurden, als auch die Professionalisierung einer Polizei, die in den Jahren zuvor aufgrund veralteter Technik (der Schuss am Abend des 27. November war bezeichnenderweise aus einem Einsatzfahrzeug der Marke B 1000 des VEB Barkas-Werk Karl-Marx-Stadt abgefeuert worden), unklarer Jobperspektive und unterbesetzter Personalstruktur das Fortleben eines rechtsfreien Raums in Connewitz begünstigt hatte. Es lässt sich aber auch daran ablesen, dass eine Forderung der CDU zur »Befriedung« des Stadtteils etwa darin bestand, das ehemals zum Abriss freigegebene Sanierungsgebiet endlich wieder mit einer funktionierenden Straßenbeleuchtung zu versehen.[23] Während die Stadtverwaltung in dieser Konstellation aufgrund einer Mischung aus Überforderung und Wohlwollen nur zögerlich aktiv geworden war, worauf sich das Laissez faire im Viertel recht eigentlich stützte, zeigten die Krawalle vom 27./28. November dessen Scheitern an. Die über die Stadtgrenzen hinaus sichtbar gewordene Existenz eines rechtsfreien Raums erforderte es, fortan Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen und das Ende der Übergangszeit zu beschleunigen. Die Kenntnisnahme einer wirkmächtigen, dem Umbruchcharakter der Wendewirren geschuldeten Zwischenzeit relativiert demnach das bis heute vorherrschende Bild, Connewitz sei »erkämpft« worden. Dies gilt faktisch vor allem hinsichtlich der Verteidigung gegen die notorischen Naziangriffe. Die Etablierung alternativer Wohn- und Kulturprojekte verdankt sich dagegen neben einigen öffentlichkeitswirksamen Aktionen der Szene zuallererst dem verfügbaren Leerstand, unklaren Rechtsverhältnissen und dem Wohlwollen der Stadt. Wenn man so will, aber das erschließt sich erst im historischen Rückblick, wäre entsprechend nicht »Gewalt«, sondern ein legalistischer Kurs der Connewitzer Szene, der bestehende Freiräume durch Verträge sichert und womöglich gar neue schafft, (noch) erfolgversprechender gewesen.

Der fortgesetzt positive Bezug auf die Krawalle und ihre Mythologisierung als Urmoment der Widerständigkeit des Viertels verbieten sich also eigentlich. Und dies nicht nur, weil die Ausschreitungen letztlich kontraproduktiv waren und sich gegen die Interessen der Szene richteten, sondern auch, weil die Annahme, hier lasse sich zum ersten Mal prominent eine bis in die Gegenwart reichende, quasi überzeitliche Tradition des Kampfes gegen Bullen, Kapital und Staat nachweisen, der kritischen Überprüfung nur bedingt standhält. Denn eigentlich, das verdeutlicht etwa das ikonische Bild der brennenden Trabis (und nicht zweier »Bonzenkarren«), atmeten die Krawalle noch mehr untergegangene DDR als wiedervereinigtes Deutschland. Diesen Eindruck vermittelt zumindest die vornehmlich anarchistisch-libertäre Ausrichtung der mehrheitlich in Connewitz beheimateten Leipziger Szene Anfang der 1990er Jahre. Beleg dafür ist beispielsweise das Gründungsdokument der sogenannten Reaktion-Gruppe, die nach Jahren im kirchlichen Dunstkreis zum Jahreswechsel 1989/1990 mit Hardcore-Punk-Konzerten an die Öffentlichkeit trat und zu diesem Zweck ein Selbstverständnis veröffentlichte, das für weite Teile der Szene sowohl weltanschaulich als auch in Bezug auf ihre Erfahrungen aussagekräftig gewesen sein dürfte.

Auffallend an dem Papier ist das Fehlen jeglicher theoretischer Unterfütterung nach dem Vorbild heutiger (vulgär-)marxistischer Gesellschaftskritik; im Zentrum steht vielmehr der Topos vom zeitlosen Missbrauch des Menschen und humanistischer Ideale durch Ideologien, »die auf Herrschaftssystemen (Staat) basierten«, und dem nur durch die Ablehnung »von Ideologien und Parteipolitik« und die »Selbstverwirklichung des Einzelnen im solidarischen Zusammenleben« begegnet werden könne.[24] In Anbetracht der zugrunde liegenden Erfahrungen waren die Protagonisten der Wendejahre demnach – und das ist gar nicht despektierlich gemeint – Antikommunisten. Ihr heute als Anknüpfungspunkt herausgestellter Antikapitalismus orientierte sich besonders an der im Zuge der Wende sichtbar gewordenen Maßlosigkeit des »Kommerzes«, also der von den Ostdeutschen begierig angenommen Mischung aus Westautos, Südfrüchten und Sexshops, die jenes »solidarische Zusammenleben« offensichtlich konterkarierte. Auch deshalb hieß es in einer Ankündigung der Reaktion-Gruppe aus dem Frühjahr 1991, ihr Konzertort sei »ein[e] der letzten Oasen Leipzigs, in der noch eigenständige, comerzfreie [sic] Kultur gemacht wird (werden kann!)«.[25]

Dass es ihnen, selbst wenn sie sich als »links« verorteten, zunächst um ein zuvor verwehrtes Gut wie »Freiheit« ging, lässt sich auch den Beiträgen des mittlerweile in vierter Auflage vorliegenden Buches Haare auf Krawallentnehmen. Die Interviews mit Zeitzeugen mögen heute in erster Linie als Ausdruck einer explizit linken Jugendsubkultur wahrgenommen werden; vornehmlich sprechen aus ihnen aber antiautoritäre Beweggründe wie die Frustration über die Gängeleien der DDR-Behörden, der Durst nach westlicher (Pop-)Kultur oder der Wunsch nach kreativer Entfaltung.[26] Was unschwer als direkter Ausdruck einer spezifischen DDR-Erfahrung zu lesen ist, kann als Moment auch noch in den Krawallen von 1992 vermutet werden. Dem Anschein nach mochten die Ausschreitungen zwar ‒ wovon etwa Die Skeptiker in ihrem Gassenhauer »Straßenkampf« (1991) sangen ‒ visuelle Anleihen bei vergleichbaren Riots in der Hafenstraße, in Berlin-Kreuzberg oder der Mainzer Straße genommen haben. Die der Polizei entgegengebrachte Gewalt indes dürfte ihr weniger als Handlangerin des Kapitals gegolten haben, sondern als Personifikation des autoritären Staates, wenn nicht gar der vormaligen Tätigkeit zahlreicher »Bullen« im Dienst der Deutschen Volkspolizei.

Auch wenn das Vorbild der westdeutschen Autonomen in Habitus, Kleidungs- und Lebensstil, Militanz sowie Parolen schon allein durch Zuzüge und persönliche Kontakte bald hegemonial in der Leipziger Szene wurde, lebten darunter spezifisch »ostdeutsche« Erfahrungen fort, die gegen den heute bruchlos, ja überzeitlich halluzinierten Kampf gegen System, Staat und Kapital sprechen.[27] So gründeten sich nicht zuletzt als Reaktion auf die Krawalle die Szenezeitschrift Klarofix und das Koordinierungsgruppenbüro KGB (ein Ermittlungsausschuss), und somit wichtige Elemente einer funktionierenden Szene nach westdeutschem Vorbild. Auch der Versuch, die »Leipziger Linie« zu problematisieren und ihr mit einem bundesweiten Kongress zu begegnen, suchte 1995 den Anschluss an die radikale Linke des wiedervereinigten Deutschlands.[28] Dieser freilich scheiterte aufgrund ausbleibender Resonanz aber ähnlich grandios wie ein Zusammentreffen von Ost und West, das im Rahmen der »Etwas Besseres als die Nation«-Tour des Hamburger Wohlfahrtsausschusses im Juni 1993 in Leipzig stattgefunden hatte. Hier suchten Hamburger Linke im Anschluss an die rassistischen Pogrome des Jahres 1992 Kontakt zu linken Gruppen im Osten, mit denen sie über Strategien zur »symbolische[n] Verteidigung des öffentlichen und privaten Raums gegen den wachsenden Einfluss neofaschistischer Gruppen« diskutieren wollten.[29] Auf die Analyse einer »völkischen Fusion von BRD und DDR« reagierten Teile der Leipziger Szene um die »Druck«-Gruppe allerdings äußerst gereizt. Ihrem Dafürhalten nach nahmen die Organisatoren nicht ernst, dass es sich bei den unisono als »Faschisten« gescholtenen Ostdeutschen um ganz normale Menschen handele, »um Leute und ihre Ausdrucksweisen, die hier schon immer leben, unsere Eltern, ArbeitskollegInnen, HausnachbarInnen usw.«, die sich jedoch, da sie als »Menschen mit ihren persönlichen Problemen […] nicht mehr gehört« würden, nun »als Rassisten oder rechtsextreme Gewalttäter« Gehör verschafften.[30] Was heute ohne viel Federlesen als AfD-Position geschmäht würde, erklärten die Leipziger mit unterschiedlichen Erfahrungen: Nicht nur sei ihnen in Sachen Gewöhnung an das kapitalistische System »keine ›Lehrzeit‹ eingeräumt« worden. Auch die Wiedervereinigungsavancen westdeutscher Linker würden vernachlässigen, dass West- und Ostlinke »jahrelang unter verschiedenartigen gesellschaftlichen Verhältnissen« gelebt hätten. Einmal mehr lesen sich die Connewitz-Krawalle vom 27./28. November 1992 weniger als Urmoment einer beschworenen Widerständigkeit des Viertels. Vielmehr pressen die Anhänger des Mythos sie nachträglich in dieses Interpretationsschema..

Der »Mythos Connewitzer Kreuz«

In ihrer Wochenendausgabe vom 2./3. Januar 1999 berichtete die Leipziger Volkszeitung auf der Titelseite über eine »Straßenschlacht in Leipzig-Connewitz«, bei der in der zwei Tage zurückliegenden Silvesternacht etwa »50 jugendliche Randalierer eine Spur der Verwüstung« durch den Stadtteil gezogen hätten. Der Sachschaden der Krawalle, die sich auf das Connewitzer Kreuz und umliegende Häuser konzentriert hatten, war in der Tat nicht unerheblich: Die Auslagen der Kaufhalle »Marktfrisch« waren geplündert, das kurz vor der Eröffnung stehende Café »Südbrause« mit Brandsätzen attackiert, ferner die Scheiben zweier angrenzender Bank- und Krankenkassenfilialen, einer Fleischerei und einer Bäckerei demoliert sowie Telefonzellen und Haltestellen zerstört worden. Die bald eintreffende Polizei, so das Lokalblatt weiter, hätten die Randalierer mit brennenden Barrikaden und einem Steinhagel empfangen. Bilanz der Straßenschlacht: Mehrere Hunderttausend Mark Sachschaden, sechs verletzte Polizeibeamte, drei beschädigte Einsatzfahrzeuge, und das baldige Eingeständnis, trotz Einrichtung der 42-köpfigen Sonderkommission »Silvester« keinen der Randalierer überführt zu haben.[31]

Fragt man nach dem Stellenwert der Gewalt in Connewitz in den vergangenen drei Jahrzehnten, verdienen die Silvester-Ausschreitungen 1998/1999 aus mehreren Gründen Beachtung. Mit ihnen wurde Connewitz nicht nur das erste Mal seit den Ereignissen des November 1992 wieder Schauplatz größerer linker Krawalle; sie bildeten auch den Auftakt einer ganzen Reihe ähnlicher Zusammenstöße bis in die Mitte der 2000er Jahre, in denen am Connewitzer Kreuz und bevorzugt zu Silvester die Auseinandersetzung mit der Polizei gesucht wurde.[32] Hier begründet sich also die bis in die Gegenwart anhaltende »Tradition«, sich an diesem Abend in der Erwartung am Kreuz zu versammeln, dass es eine Nacht werden möge, in der es »knallt«. Zugleich, und das ist entscheidender, brach sich hier auch das erste Mal linke Gewalt in Connewitz gewissermaßen ohne Not, wenngleich zielgerichtet Bahn. Hatten sich die Novemberkrawalle 1992 an der Provokation der Polizei entzündet bzw. der Abwehr einer eingebildeten Räumungsgefahr gedient, und war physische Gewalt gegen Nazis wegen ihres abwehrenden bzw. vorbeugenden Charakters stets legitimiert gewesen, fehlte dieses Moment den Silvesterkrawallen offensichtlich. Sie hatten genau genommen keinen Anlass. Vielmehr war Gewalt gegen Sachen und die Polizei fortan als politisches Mittel definiert, das nicht länger als gerechtfertigte Reaktion erachtet wurde, sondern dem nun eigenständige Bedeutung zukam.

Was die Randalierer genau bewog, am Connewitzer Kreuz den »Krawall zu inszenieren«, bleibt bis heute im Dunkeln. Die exakte Motivation für die Vorgänge in der Silvesternacht 1998/1999 ist nicht mehr zu rekonstruieren, da (verständlicherweise) kein Aufruf, aber auch kein nachträgliches Bekennerschreiben o.ä. existiert, in dem erklärt worden wäre, wogegen sich die Gewalt richtete. Womöglich ließen sich die Randalierer von Nachrichten aus Straßburg inspirieren, wo nach 1997 zum zweiten Mal zwischen den Jahren Riots ausgebrochen waren, als Jugendliche aus sogenannten Problemvierteln wetteiferten, wer die meisten Autos in Brand setzen könne.[33] Herstellen lässt sich hingegen ein Bezug zu einer Demonstration in Leipzig, die wenige Stunden vor den Krawallen in Form eines nächtlichen Sternmarsches vom Ost- und Westplatz Richtung Zentrum gezogen war, und an der etwa 300 Jugendliche teilgenommen hatten, von denen angenommen werden kann, dass einige von ihnen später den Weg in den Leipziger Süden fanden. Während sich der Veranstalter der Demo, ein lokaler PDS-Politiker, von der geringen Resonanz enttäuscht zeigte, ist ein anderes Detail aufschlussreich. So wusste die LVZ zu berichten, folgende Aufschrift habe das Fronttransparent geziert: »Radikal links ins neue Jahr – nichts bleibt so wie’s früher war«.[34] Was heute als Motto kaum aufhorchen lässt, weil es hinlänglich abgedroschen klingt, war für die damalige Leipziger Szene in der Tat ein Novum. Dies betraf nicht nur den selbstreferenziellen Demotitel, der nahelegte, dass es hier um nichts als sich selbst ging; auch als »radikal links« hatte sich die Szene zuvor ‒ zumindest nach außen ‒ selten bis gar nicht bezeichnet. Vor allem verdeutlicht diese Selbstdarstellung einen Paradigmenwechsel, den die Leipziger Linke als Teil der ostdeutschen Linken in jener Zeit durchlief und der – in Form absichtlich herbeigeführter Ausschreitungen – auch eine neue Legitimation von Gewalt umfasste.

Ein wesentlicher Grund für diesen Paradigmenwechsel war, dass der vormals allumfassende Begründungszusammenhang »Antifaschismus« Risse aufzuweisen begann. Mit der Wiedervereinigung, dem Erstarken der Nazibewegung, speziell im Osten, aber auch der Annahme eines bevorstehenden »Vierten Reichs«, hatten sich die Reste der autonomen Bewegung der 1980er Jahre der Bekämpfung des »Faschismus« als Hauptbetätigungsfeld zugewandt, was nicht zuletzt ihre Selbstbezeichnungen verraten (Autonome Antifa Göttingen, 1992; Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation [AA/BO], 1992; Antifaschistische Aktion Berlin [AAB], 1993). Zwar zielte das vage, an historischen Vorbildern der Weimarer Republik orientierte Konzept des »revolutionären Antifaschismus« auf die »grundsätzliche, fundamentale Umwälzung der bestehenden Lebensverhältnisse«; von Kapitalismus, geschweige denn seiner Abschaffung, war jedoch eher selten die Rede.[35] Auch und gerade in Leipzig, wo der Kampf gegen Nazis mittels der großen, vom Bündnis gegen Rechts (BgR, 1995) geführten Kampagnen gegen »national befreite Zonen« in Wurzen oder Saalfeld ab Mitte der 1990er Jahre das prägende Betätigungsfeld der Szene dargestellt hatte, geriet dieser Begründungszusammenhang gegen Ende des Jahrzehnts ins Wanken. Diese ersten Irritationen waren zum Jahreswechsel 1998/1999 noch nicht vergleichbar mit der durchschlagenden Wirkung des sogenannten »Antifa-Sommers« anderthalb Jahre später, als Bundeskanzler Schröder im August 2000, nach dem Anschlag auf die Synagoge in Düsseldorf den »Aufstand der Anständigen« ausrief, den »Kampf gegen Rechts« zur Staatsräson eines moralisch geläuterten Deutschlands erklärte, und die Antifabewegung praktisch über Nacht ihrer Daseinsberechtigung verlustig ging. Auch die Begründung des NATO-Einsatzes im Kosovo mit den Worten »Nie wieder Auschwitz« durch den grünen Außenminister Joschka Fischer im Mai 1999 war noch nicht abzusehen.[36] Dennoch war in Leipzig im Laufe des Jahres 1998 schon erkennbar, dass sich die Rahmenbedingungen antifaschistischer Politik veränderten. Hatte etwa das Saalfelder Landratsamt im Oktober 1997 noch die Demonstration eines breiten antifaschistischen Bündnisses in der thüringischen Stadt verboten und Hunderte aus dem gesamten Bundesgebiet angereiste Demonstranten kurzerhand über Nacht in Haft genommen, zeichnete sich angesichts eines Naziaufmarschs am 1. Mai 1998 in Leipzig eine neue Entwicklung ab. Unterstützt von mehreren Tausend Antifas, die den Aufmarschort der Nazis am Völkerschlachtdenkmal blockierten, hielt sich die Stadtverwaltung das erste Mal zurück, deren Demonstrationsrecht durchzusetzen (ja erließ zunächst sogar eine Verbotsverfügung), und begründete dies nicht unwesentlich mit dem Ansehen der Stadt.[37]

Zwar verbuchte die Szene dies zunächst noch als Erfolg der Antifa,[38] und nicht als Vorbote ihrer baldigen Bedeutungslosigkeit, doch in Leipzig wurde das antifaschistische Selbstverständnis bald von anderer Seite herausgefordert. So stellte eine Rezension im Conne-Island-Hausorgan Cee Ieh im Januar 1999, die eine Broschüre der AAB mit dem Titel »Das Konzept Antifa« zum Gegenstand hatte, fest, »die meisten deutschen Antifagruppen [seien] – in alter Autonomen-Tradition – theoretisch so unterbelichtet, daß es eigentlich zum Himmel schreit«, und empfahl, dieser Theorieferne mit »eine[m] tiefere[n] Blick ins Marxsche ›Kapital‹« zu begegnen.[39] Jener zuvor undenkbare positive Bezug auf Karl Marx deutet nicht nur auf das Ende des ein Jahrzehnt währenden, der DDR-Erfahrung der Leipziger Szene geschuldeten Antikommunismus hin, er ist auch bezeichnend für das zu dieser Zeit offensichtlich gestiegene Unbehagen an den traditionellen Begründungen des Antifaschismus bzw. des Faschismus seitens der (vornehmlich westdeutschen) autonomen Szene. Genauer verdankte es sich einem diskursiven Zwischenschritt, nämlich den in der Leipziger Antinationalen Gruppe (ANG) seit Mitte der 1990er Jahre geführten Diskussionen über das Wesen des Nationalsozialismus und die Stellung des Antisemitismus in ihm, die etwa unter Bezugnahme auf Studien des marxistischen Historikers Moishe Postone zutage gefördert hatten, dass »der Faschismus« eben nicht mit dem Kapitalismus gleichzusetzen war.[40] Vielmehr setzte sich unter Bezug auf Postones kanonischen Text Antisemitismus und Nationalsozialismus (zuerst 1979) die Erkenntnis durch, die Vernichtung der europäischen Juden sei nicht aus militärischen Gründen, nicht zur Ausbeutung und nicht zur politischen Ausschaltung eines Gegners verübt worden, sondern allein »sich selbst Zweck« gewesen.[41] Dementsprechend hatte es diesbezüglich auch in der Rezension des Cee Ieh geheißen: »[D]ie Ökonomie des Nationalsozialismus [war] letztendlich einer optimierenden Kapitalakkumulation abträglich« ‒ weshalb sich von der AAB verteidigte Demo-Parolen wie »Hinter dem Faschismus steht das Kapital«verbieten würden.[42] Dass die zeitgleich sich ereignenden erstmaligen Silvesterkrawalle am Kreuz dann doch wieder »nur« die oberflächlichen Symbole des Kapitalismus angriffen, steht dabei auf einem anderen Blatt.

Die Silvesterkrawalle 1998/1999 können somit als erste Anzeichen einer Entwicklung verstanden werden, in der der alte Begründungszusammenhang »Antifaschismus« brüchig wurde und eine damit verbundene politische Sinnsuche einsetzte, die den Großteil der Szene zunächst in eine Richtung führte – zur vormals marginalen, ja eigentlich nicht existenten Kapitalismuskritik bzw. zu Verlautbarungen wie »Für den Kommunismus!« Zwar suchte beispielsweise das BgR noch 1999 mit einem »Verstärker-Kongress« die Möglichkeiten antifaschistischer Strategien auszuloten, um eine »zeitgemäß[e] antifaschistisch[e] Politik« zu entfalten.[43] Ein Jahr darauf jedoch mobilisierte es nicht nur erstmals zur revolutionären 1. Mai-Demo in Berlin-Kreuzberg, es unterzeichnete seinen Aufruf nun auch mit der Parole »Kapitalismus abschaffen!«[44] Mit dieser Sinnsuche und den in der Kapitalismuskritik gefundenen Antworten ging bei der autonomen Antifa freilich auch ein verändertes Verhältnis zur Gewalt einher. Als Höhepunkt dieser Entwicklung kann ein Aufruf der AAB zum 1. Mai 2001 in Berlin verstanden werden, der plakativ mit dem Titel »Das Ende der Gewalt« überschrieben war.[45] Bereits das Plakat trug den neuen Schwerpunkten Rechnung. In offensichtlicher Anlehnung an Paul Klees »Engel der Geschichte« zeigt es einen jungen Mann in T-Shirt samt dem Nike nachempfundenen Schriftzug »riot«, der, mit Engelsflügeln versehen vor einer Bürgerkriegskulisse unschuldig den (von einem Balken geschwärzten) Blick senkt. Zwar kam der dazugehörige Aufruf ohne den direkten Verweis auf Walter Benjamin und dessen geschichtsphilosophische Thesen aus. Der abgewandelte Titel stellte aber wohl durchaus eine Reminiszenz an das ein Jahrzehnt zuvor angesichts des Scheiterns des Realsozialismus ausgerufene »Ende der Geschichte« (Francis Fukuyama) dar. Wie um den damals prophezeiten Siegeszug der westlich-kapitalistischen Demokratien zu widerlegen, versuchte sich die Argumentation jedenfalls daran, aufzuzeigen, dass Gewalt, da sie dem Kapitalismus in struktureller Form zur Aufrechterhaltung des Warenaustauschs stets inhärent sei, ein legitimes Mittel darstelle, um dessen innere Widersprüche und die »Verbindung von Gewalt und Gewaltlosigkeit in Recht und Moral« zu demaskieren.[46] Gewalt galt nun nicht länger bloß als Mittel, um auf »Auswüchse staatlicher Gewalt« aufmerksam zu machen; sie wurde als legitime Methode der Kritik eingeführt, um die »Perspektive der revolutionären Überwindung des Kapitalverhältnisses« an sich sichtbar zu machen. Die Tatsache, dass die revolutionären 1. Mai-Demonstrationen ab 2001 (unter reger Beteiligung Leipziger Linker) nach Jahren der Stagnation in der Tat auffällig gewalttätig verliefen, zeigt den fruchtbaren Boden, auf den diese Theoretisierung der Militanz offenbar fiel. Sich bei der Suche nach einem neuen politischen Selbstverständnis positiv auf diese zu beziehen, mochte im Übrigen auch die international agierende globalisierungskritische Bewegung nahelegen, die seit 1998 mit Protesten gegen Gipfel zwischenstaatlicher Organisationen auf sich aufmerksam gemacht hatte, bei denen Gewalt zum Teil in Form tagelanger Ausschreitungen eine herausragende, wenn nicht die wichtigste Rolle spielte. Vor dem Hintergrund der Wahrnehmung gestiegener linker Einflussmöglichkeiten ist letztlich auch die Reihe an militanten Konfrontationen einzuordnen, die mit den Silvester-Krawallen 1998/1999 begann, sich bis etwa 2003 auch in Leipzig sporadisch Bahn brach, und die sich zunächst gleichermaßen ziellos wie zielgerichtet gegen alle Repräsentanten des Systems – Supermarkt und Sparkasse, Ladengeschäfte und öffentliche Infrastruktur, Polizei und Leipziger Verkehrsbetriebe ‒ richtete. Wenn man so will, sollte damit für alle sichtbar unter Beweis gestellt werden, dass man nun – nach Jahren der antifaschistischen Betätigung ‒ auch gegen Kapital und Staat eingestellt war. Die darin zum Ausdruck kommende neuartige Symbolik hatte einen entscheidenden Haken ‒ sie war de facto nicht vermittelbar. Es scheint mehr als zweifelhaft, mit der Infrastruktur eines Leipziger Stadtteils das Herz des Kapitals zu treffen (wenn es ein solches denn überhaupt gibt). Auch empirisch ist nicht überliefert, dass die Leipziger Bevölkerung den Krawall am Connewitzer Kreuz als Fanal verstanden hätte, es den Randalierern nachzutun und gemeinsam mit diesen die Ketten des Kapitals abzustreifen.

So plötzlich die Gewalt in Form von Ausschreitungen gegen Abbilder des Kapitalismus ab 1998/1999 zum Arsenal der Leipziger Szene hinzugetreten war, so rasch verschwand sie allerdings auch wieder. Nach 2003 kamen die mittlerweile rituellen Krawalle am Connewitzer Kreuz für einige Jahre zum Erliegen. Ursächlich dafür war wesentlich das Ende der Bewegungslinken, wie es nach dem Antifa-Sommer 2000 eingeleitet, und dann von den Diskussionen nach dem 11. September 2001 besiegelt worden war. Die Atomisierung der Antifabewegung, deren Verfechter, wie das BgR, sich Nebenschauplätzen zuwandten, die im Vergleich zu den Hochzeiten der 1990er Jahre nur noch einen Bruchteil Interessierter ansprachen, begleitete eine ausgeprägte Theoretisierung innerhalb der Leipziger Linken, die fortan der Praxis der Militanz eher skeptisch gegenüberstand. Zwar beschäftigte sich ein Großteil der Szene, darunter eine Reihe neuer Gruppen-Gründungen, weiterhin und intensiv mit dem Kapitalverhältnis und damit der Notwendigkeit seiner Abschaffung als Ganzem; Militanz spielte in diesen Diskussionen jedoch zusehends keine Rolle mehr bzw. war nachgerade schlecht beleumundet. Symptomatisch dafür ist eine Mini-Debatte im Klarofix-Nachfolger Incipito vom Oktober/November 2002, die sich an einer Scherbendemo auf der Karl-Liebknecht-Straße im Anschluss an die Feierlichkeiten zum 3. Oktober entzündete. Ein Mitglied der Redaktion warf den Randalierern strukturellen Antisemitismus vor, weil sie nicht bedacht hätten, dass »Jüdinnen und Juden« sich bei derartigen Bildern an die Pogrome der Nazizeit erinnert fühlen mochten. Zugleich hielt er ihnen vor, allein die Scheiben von »Banken und Großketten«entglast, kleinere Ladengeschäfte dagegen verschont zu haben.[47] Ob der Vorwurf berechtigt war, mit der Scherbendemo sei nicht genügend auf die Empfindungen jüdischer Leipziger eingegangen worden, sei angesichts ihrer verschwindend geringen Präsenz in jenen Jahren dahingestellt. Ungeachtet dessen ist der Einwurf Beleg dafür, dass antideutsche Debatten dieser Zeit über »verkürzte Kapitalismuskritik« nicht nur Einwände hinsichtlich des »Wunsch[s] nach ›Mob Action‹« (so der Titel des Beitrags) formulierten, sondern ihnen die Sinnhaftigkeit derartiger Krawalle, die sie nicht zuletzt aus der Vorstellung ihrer Relation zum Kapitalverhältnis als solchem anzweifelten, nicht so recht einleuchten wollte. Mit dem Ende der Bewegungslinken in Leipzig gab es für derartige Diskussionen jedoch ohnehin bald keinen Adressaten mehr, wie etwa die Einstellung des Incipito oder die Auflösung des BgR im Jahr 2006 nahelegen. Was blieb und ungeachtet der einst vornehmlich der Selbstverständigung dienenden Beweggründe der Randalierer vom Kreuz bis in die Gegenwart fortwirkt, war einmal mehr der »Mythos Connewitz«, oder, in diesem Fall konkreter: der »Mythos Connewitzer Kreuz«.

Politische Verwilderung

Mitte Dezember 2015 wusste die LVZ einmal mehr über »heftige Krawalle« im Leipziger Süden zu berichten, die sie zudem als »den seit Jahren schlimmsten Gewaltausbruch bei Demonstrationen« bezeichnete.[48] Treffend war diese Einschätzung insofern, als sich in der Südvorstadt geschätzte 1000 gewalttätige Demonstranten über Stunden eine Straßenschlacht mit der Polizei geliefert hatten, die trotz des Einsatzes von Wasserwerfern, Reiterstaffeln und Tränengas nicht vor dem frühen Abend abebbte. Verglichen mit dem exorbitanten Ausmaß der Gewalt, das Augenzeugen an die traditionellen 1. Mai-Krawalle in Berlin-Kreuzberg erinnerte, war der Anlass eher nichtig. Etwa 150 Nazis waren dem Ruf dreier marginaler Neonazi-Organisationen (Offensive für Deutschland, Die Rechte, Thügida) gefolgt und hatten, nachdem die Stadt ihnen den ursprünglich geplanten Aufmarsch in Leipzig-Connewitz untersagt hatte, am Rande der Südvorstadt eine auf wenige Hundert Meter verkürzte Demonstrationsroute absolviert. Ungeachtet der Anmeldung von mehr als zehn Gegenkundgebungen entzündete sich die Wut der Randalierer ‒ so hieß es zumindest im Nachhinein ‒ daran, dass entlang der Naziroute Kundgebungen verboten blieben.[49] Das hatten Leipziger Polizei und Stadtverwaltung aus Gründen der Gefahrenabwehr verfügt. Als teils aggressiv auftretende Polizeikräfte schließlich die Gegendemonstranten daran hinderten, zur Naziroute vorzudringen, entlud sich die Frustration zunächst an diesen, bevor sich der Mob auf die Karl-Liebknecht-Straße zurückzog, dort Barrikaden entzündete sowie Schaufensterscheiben und Straßenbahnhaltestellen demolierte. Selbst die Abgeordnete der Linken, Juliane Nagel, kam am Ende des Tages nicht umhin zu konstatieren: »Hier haben einige scheinbar eine Art Ersatz-Beschäftigung für den verhinderten Protest gegen den Naziaufmarsch gesucht.«[50]

Zunächst mag als Katalysator für eine erhöhte Gewaltbereitschaft durchaus gewirkt haben, dass die Nazis ursprünglich Connewitz als Aufmarschort gewählt hatten. Wenige Tage vor der Demo kündigten zudem rechte Kameradschaften an, das Viertel »in Schutt und Asche« zu legen.[51] Wie erfolgversprechend ein solches Ansinnen war, sei angesichts der seitens der Connewitzer Szene im Ernstfall mobilisierbaren Gegenwehr dahingestellt – es darf wohl angenommen werden, dass die Nazis für den Fall, man hätte ihnen den Aufmarsch »im Kiez« gestattet, kaum über die Grenzen des Connewitzer Kreuzes hinausgekommen wären. Zu einer nüchternen Betrachtung, zu der ebenso gehört hätte anzuerkennen, dass auch die Stadt und ihre Verwaltung keinerlei Interesse an einer derartigen rechten Provokation hatte, waren die linken Akteure aber offenbar nicht in der Lage. Dies verdeutlicht nicht nur die im Vorfeld auf Aufklebern und Plakaten zur Schau gestellte Bereitschaft zur Militanz, die den Nazis beispielsweise mit dem inszenierten Foto einer Horde Vermummter vor einem Bestattungsinstitut »Gruppenrabatt« garantierte.[52] Ein kurz vor dem Aufmarsch veröffentlichter Aufruf der Gruppe Antifa Klein-Paris wertete den Plan der Nazis, »in Connewitz aufzumarschieren«, allen Ernstes gar als Versuch, »die Volksgemeinschaft […] zu erreichen«.[53] Ein Gedanke jedenfalls an das instrumentelle Moment der Kundgebung wurde nicht verschwendet, also inwieweit es etwa den Nazis in erster Linie darum ging, »die Autonomen« für von ihnen entfachte Ausschreitungen zu brandmarken und sich selbst als »Saubermänner« zu präsentieren. Auch das Leipziger Bündnis »Platz nehmen«, das die Organisatoren immerhin richtig als »gescheitert[e] Neo-Nazi-Existenzen« charakterisierte, unterließ es danach zu fragen, wie diese den »Sturm auf Connewitz« denn eigentlich bewerkstelligen wollten.[54] Selbst nach Verlegung des Aufmarschs aus Connewitz an den Rand (und wohlgemerkt nicht ins Zentrum) der Südvorstadt dachte niemand darüber nach, ob es nicht angemessener wäre, die Nazis und ihre ärmliche Demonstration mit Nichtachtung zu strafen. Stattdessen tat man ihnen den Gefallen und tappte in die gestellte Falle, »den seit Jahren schlimmsten Gewaltausbruch« (vor dem »Platz nehmen« immerhin gewarnt hatte) inklusive.[55]

Zugleich schöpfte der unbedingte Wunsch, den Nazis entgegenzutreten, und sei es auch mit Gewalt, wohl aus einer Wahrnehmung der gesellschaftlichen Situation als der eines dramatischen Rechtsrucks, die zudem eine Interessengemeinschaft von Nazis und Staat konstatierte. Zwar hatte die Bundesrepublik seit Mitte der 2010er Jahre in der Tat einen Anstieg rechter Bewegungen erlebt, wobei neben der Alternative für Deutschland insbesondere die Dresdener Pegida – und dies schon vor der verstärkten Fluchtmigration vom Sommer/Herbst 2015 – als Sammelbecken für Nazis, Rechtspopulisten und andere »Kritiker« der Regierung Merkel fungierte. Mit Blick auf Sachsen und seinen »rassistischen Normalzustand« geriet jedoch aus den Augen, dass der rechten Mobilisierung anders als zu Beginn der 1990er Jahre entschiedener gesellschaftlicher Widerstand entgegengebracht wurde. Auch die Politik der Bundesregierung im Jahr 2015 ‒ man denke an Merkels letztlich moralisch begründete Entscheidung für die Öffnung der Grenzen im September ‒ konnte kaum als Beleg für eine »rassistisch und menschenfeindlich geprägte Grundstimmung der Gesellschaft« (Platz nehmen) oder eine »durch und durch rassistische Gesellschaft« (Klein-Paris) herangezogen werden. Insbesondere für Leipzig stimmte dabei nicht, was ein Aufruf als widerlegte »Mär von der ›gesellschaftlichen Mitte‹«, also eines angeblich nicht existenten antifaschistischen Engagements von Parteien und zivilgesellschaftlichen Gruppen, bezeichnete.[56] Hatten doch der ersten Demonstration von Legida in Leipzig am 12. Januar 2015 und ihren knapp 3000 Teilnehmern 35.000 Gegendemonstranten aus dem gesamten Spektrum der Stadtgesellschaft gegenübergestanden und die Kräfteverhältnisse, anders als in Dresden, für das gesamte Jahr nachhaltig zementiert.[57] Dieser eigentlich erfreulichen Konstellation zum Trotz bezichtigte man im Vorfeld des geplanten Aufmarschs im Dezember lieber verschiedene staatliche Akteure, nämlich den Freistaat, die Polizei (die »staatliche Anti-Antifa«) wie auch »erzkonservative Innenpolitiker« des Versuchs, »in Connewitz aufräumen« zu wollen, wozu diese sich der Nazis als Erfüllungsgehilfen bedienen würden.[58]

Gewissermaßen entsprach die suggerierte Relevanz des Antifaschismus, vor allem in Hinsicht auf die erforderliche Militanz, also kaum mehr der gesellschaftlichen Notwendigkeit.[59] Dass die Gewalt dennoch derart eskalierte, verweist vielmehr auf eine nachhaltige Veränderung der Leipziger linken Szene seit Ende der 2000er Jahre. Emblematisch abzulesen ist diese Entwicklung an einer Connewitzer Debatte, die sich 2011 an Fragen einer angemessenen Gentrifizierungskritik entzündete. Ausgelöst hatten sie zunehmende Farbbeutel- und Steinwurfattacken gegen sogenannte Stadtvillen, in Sanierung befindliche Mietshäuser, das örtliche Bürgeramt oder auch das linksalternative Projekt Conne Island. Nachdem dessen saniertes Vorderhaus im Oktober 2011 attackiert worden war, und die Betreiber öffentlich eine Erklärung eingefordert hatten,[60] tauchte in der Tat eine Art Bekennerschreiben auf. Das »Tanzschuppen zu Autonomen Zentren« überschriebene Papier rechtfertigte die Angriffe als Teil einer gezielten Abwertungsstrategie, die Connewitz gegen »Kiezkiller«, die mit profitorientiertem Vorgehen das Viertel kaputt machen würden, verteidigen wolle.[61] Unheimlicherweise las sich das in dem Schreiben zum Ausdruck kommende Selbstverständnis als eine Art Retraditionalisierung linker Politik im Stile der Autonomen der 1980er Jahre. Zwar verstanden sich die Aktivisten offenbar weiterhin als Teil »linksradikaler Strukturen und Personenzusammenhänge«, die »Gegenkultur« und »unkommerzielle Freiräume« anstrebten. Doch mit der gewählten Politik bezogen sie sich ausschließlich auf Connewitz, das sie als »unser Kiez« und »unser Viertel« bezeichneten. Einzig und allein sie selbst seien befugt, darüber zu entscheiden, »wem der Kiez gehört«. Darüber hinaus lehnte die Nachbarschaftsmiliz die Vermittlung des eigenen Ansatzes nachgerade ab. Anstelle von Texten bevorzugte sie Farbbeutel und Steine, die Einladung zum wöchentlichen Plenum des Conne Island verwarf sie mit der Begründung, man wolle sich nicht »erkenntlich [sic] und somit angreifbar machen«. »Wir lieben unsere Annonymität [sic]«, schloss der Text, »also nutzen wir sie auch!«[62]

Noch wenige Jahre zuvor wären ein solches Pamphlet, das vor Denunziationen und Unterstellungen, vor argumentativen Widersprüchen und orthographischen Fehlern nur so strotzte, wie auch die zugrunde liegende Praxis in der Leipziger Szene undenkbar gewesen. Mitte der 2000er Jahre hatten sich in Connewitz beheimatete Politgruppen Kampagnen gegen den Extremismusbegriff (INEX), gegen Nazishops in der Innenstadt (Ladenschlussbündnis), dem Studium theoretischer Grundlagentexte (GiG) oder der Organisierung antifaschistischer Jugendarbeit (Tomorrow) gewidmet. Aus der Verfallsmasse der Leipziger Antifabewegung bzw. der Bewegungslinken hervorgegangen, waren ihre Diskussionen nach dem »Antifa-Sommer« 2000 von einer Theoretisierung gekennzeichnet, die Aktionsformen der Autonomen skeptisch gegenüberstand, ja bisweilen sogar eine »Kritik der Politik« formulierte.[63] Connewitz selbst oder die angrenzende Südvorstadt war ihnen dabei selbstverständlicher Wohn- und Wirkort, selten jedoch Gegenstand ihrer Kritik, geschweige denn Ort übermäßiger Identifikation gewesen. Für einen zunehmenden Teil der Szene indes hatten diese Gruppen, die sich zudem, mit Ausnahme des Ladenschlussbündnisses, um diese Zeit allesamt aus Sinn- bzw. biografisch-generationellen Gründen auflösten, offensichtlich an Anziehungskraft verloren. Stattdessen nahm Connewitz selbst den Charakter eines Platzhalters für Politik an.

In gewisser Weise versagte in Connewitz also die Kritikfähigkeit der Szene selbst.[64] Befördert hatte dies nicht nur der personelle Austausch einer in die Jahre gekommenen oder desillusionierten Szene, die nicht länger als Korrektiv wirkte, sondern auch eine sich gleichzeitig vollziehende demografische Explosion Leipzigs, die auf die linke Szene zurückwirkte. Die Rede ist vom Boom ab Mitte der 2000er Jahre, als die Stadt aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs nach der Ansiedlung großer Unternehmen wie Porsche (2002), DHL (2004) und BMW (2005) bei gleichzeitiger Attraktivität von Leerstand, Universitätsstandort und breitem (linken) Kulturangebot nach Jahren des Rückgangs erstmals wieder die 500.000-Einwohner-Marke überschritt.[65] Der Boom veränderte die Szene nachhaltig. Die genannte Leerstelle füllten zwar bald neue Gruppen wie »The Future is Unwritten« (2011) oder »Prisma/Interventionistische Linke« (2012), von denen manche ‒ wie es heißt ‒ gleich in Gruppenstärke aus anderen Städten übersiedelten. Ihr Massenansatz jedoch, der erstmals wieder auf »soziale Kämpfe« setzte und dem antideutsche Berührungsängste weitestgehend fremd waren, wie auch der Fakt, dass ihre Mitglieder und Sympathisanten nicht mehr zwangsläufig in Connewitz wohnten, sondern sich vielmehr auf die ganze Stadt, und hier vor allem auf die »neuen« alternativen Stadtteile im Westen und Osten, verteilten, führte letztlich dazu, dass sie auf die Diskussionen in Connewitz nur wenig Einfluss ausübten und dieses sich selbst überlassen blieb. Es führte fortan ein Eigenleben.

Diesen Trend verstärkten zunehmend neue Initiativen, die nun den Ton in Connewitz angaben. Denn auch das in die Jahre gekommene Szeneviertel profitierte vom erwähnten Bevölkerungszuwachs, und zwar in zweierlei Hinsicht. Die seit Mitte der 2000er Jahre noch einmal stark gewachsenen Strukturen, die sich im Angebot an Crust-Konzerten, Tattoo-Shops, veganer Küche, linksradikaler Modemarke, linkem Sportverein, alternativem Spätverkauf u.a.m. ausdrücken, zogen zum einen eine Klientel an, die vor dem Hintergrund einer weitverbreiteten rechten Alltagskultur in der (sächsischen) Provinz vermehrt in Leipzig Zuflucht suchte, sei es um hier zu studieren, sei es um einfach den Zuständen im Hinterland zu entgehen und in Leipzig ein unbeschwertes Leben zu führen. In nicht unerheblicher Weise reproduzierten sich dadurch die subkulturellen Strukturen von Connewitz und hielten als Staffage für ein »alternatives« Erscheinungsbild her. Die Neu-Leipziger bildeten freilich auch, aber das mag kaum jemand wahrhaben, einen elementaren Teil des Gentrifzierungsprozesses selbst.[66]

Zum anderen gab es auch einen innerstädtischen Zuzug einer meist jugendlichen Klientel ‒ seien es Gymnasiasten, Kinder ehemaliger Antifas, Azubis o.a.m. ‒, die Connewitz für sich entdeckte und dem Stadtteil bald in auffallender Weise ihren Stempel aufdrückte. Exemplarisch macht dieses Potenzial die Neugründung des Fußballvereins BSG Chemie Leipzig 2008/2011 und der explosionsartige Zuwachs seiner meist jugendlichen Fanszene sichtbar. Damit bestätigte sich auch in Leipzig ein bundesweiter Trend: Die Ultra-Szene fungierte jetzt als einflussreichste Jugendkultur und übernahm eine Rolle, die vorher Subkulturen wie Punk, Hardcore oder Hip-Hop zugekommen war.[67] Hatte die Leipziger Linke Hooligans in den 1990er Jahren wegen ihrer Verbindung in die rechte Szene bzw. ihrer »unpolitischen« Gewaltaffinität noch weitestgehend gemieden, veränderte sich dieses Verhältnis ab Ende der 2000er Jahre grundlegend. Fortan stellten Ultras große Teile der meist jugendlichen Antifa-Szene in Connewitz, und dies unabhängig von der Tatsache, dass »ihr« Verein eigentlich im Leipziger Westen, im Stadtteil Leutzsch, beheimatet ist. In gewisser Weise kopierten sie dabei sogar die Zuzugsbewegung der »politischen« Flüchtlinge aus der ostdeutschen Provinz. Connewitz, so heißt es, wurde nicht zuletzt deshalb bevorzugter Wohnort der neuen Generation an Chemie-Ultras, weil diese sich in anderen Stadtteilen aufgrund der Dauerfehde mit Fans des Erzrivalen 1. FC Lok Leipzig ihrer Gesundheit nicht sicher sein konnten.[68] Die Charakteristika der Fußballkultur färbten dabei nachhaltig auf das Erscheinungsbild der linken Szene ab. Genau genommen reproduzierten sie ein Abbild des »neuen« Connewitz »im Kleinen« und vice versa: Man war gegen Nazis (weil die Fans von Lok welche waren?); gegen die Polizei, die einem Wochenende für Wochenende das Leben schwer machte, war man sowieso; man war zudem gewaltaffin und definierte sich zentral über ein ausgeprägtes Revierdenken, die Praxis des Absteckens von Territorium gegenüber den Ultras anderer Vereine, das nahezu deckungsgleich Niederschlag in der (eigentlich tautologischen) Markierung von Connewitz als »Antifa Area« fand.[69]

Damit soll nicht gesagt sein, dass die Chemie-Ultras die Connewitzer Szene übernommen hätten oder mit ihr identisch wären. Ihr zuvorderst der Selbstdarstellung dienendes Verständnis von Politik hingegen ‒ »Niemand wie wir!« ‒ war deutlich Merkmal von Connewitz geworden. Augenfälliges Beispiel dafür sind nicht nur die seit Mitte der 2010er Jahre inflationär zu beobachtenden Graffitis wie »AFA«, vor allem aber das notorische »No Cops« bzw. »ACAB«.[70] Zudem drückte sich die Wahlverwandtschaft in dem Umstand aus, dass ausgerechnet eine »1. Autonome Liga« zum Jahresende den Titel »Randalemeister 2015« an Leipzig bzw. seine militante Szene verlieh – politische Kriterien für diese »Auszeichnung« suchte man vergebens.[71] Ausdruck, wie weit dieser selbstreferenzielle Politikansatz Verbreitung fand, waren auch die letztlich inhaltlos geführten Debatten von Initiativen, die sich »Für das Politische« in den Namen schrieben. Deren Gründung im März 2014, die sich an der Einrichtung eines Polizeipostens in der Biedermannstraße entzündete, konstatierte zwar treffend eine abhanden gekommene »politische Auseinandersetzung in Connewitz«. Der Wunsch, eine solche »wieder lebendig« zu machen, erschöpfte sich indes darin, einzig der Kriminalisierung des Viertels das Wort zu reden, die Gefahr also von außen kommend zu sehen.[72]

Der Gewaltausbruch vom 12. Dezember 2015 verdankte sich mithin einem Zusammenspiel folgender Faktoren: Der Niedergang der Antifabewegung hinterließ eine organisatorische wie auch analytische Lücke, die neue, ambitionierte – vom Sog des Leipzig-Booms in die Stadt und ihre Szenequartiere gespülte – Akteure bereitwillig schlossen. Der personelle Zuwachs an Linken begünstigte wohl politische und organisatorische Vielfalt, ging aber auch mit räumlicher Differenzierung (Connewitz war nicht länger das Szeneviertel) und unterschiedlichsten Agenden einher. Diskussionen zwischen den Strömungen fanden kaum noch statt und immer seltener wurde die Praxis der eigenen oder der vielen anderen Initiativen kritisch hinterfragt. Das jedoch scheint ein Zeichen der Zeit zu sein. Das Fehlen einer strömungsübergreifenden linken Szenezeitschrift ist davon ebenso Ausdruck wie die Verlagerung politischer (Unmuts-)Bekundungen in die sozialen Netzwerke. Es dominieren martialische Demoaufrufe und Bekennerschreiben auf einschlägigen Internetforen ‒ Ausnahmen, die allerdings kaum längere Diskussionen nach sich ziehen, inbegriffen.[73] Insofern resultierten Zuwachs und Pluralisierung in einer politischen »Verwilderung« der Leipziger Szene, als deren »Abfallprodukt« nicht nur der »Mythos Connewitz«, sondern als kleinster gemeinsamer Nenner zudem die unwidersprochene Legitimität von Gewalt gegen »Bullen und Nazis« übrig geblieben ist.

Militanz als Alleinstellungsmerkmal

Ein Ende der Mythologisierung von Connewitz – und mit ihr der Gewalt – ist unterdessen auch drei Jahrzehnte nach ihrer erstmaligen »Begründung« nicht in Sicht, im Gegenteil. So hatte eine nicht näher benannte Leipziger Gruppe für das erste Septemberwochenende 2020 zum Politevent unter dem Motto »Soziale Kampfbaustelle Connewitz« mobilisiert.[74] Worum es genau ging, war für Außenstehende gar nicht so leicht ersichtlich. Die Plakate sparten mit Informationen und auch der zur Mobilisierung bereitgestellte Blog samt Aktionsaufruf verfolgte nicht den Anspruch, die enthaltenen Analysen und Positionen stichhaltig zu belegen. Das hinderte die Autoren aber nicht an meinungsstarken Forderungen wie der, man müsse »[i]n Zeiten der Faschisierung von Staat und Gesellschaft und der zunehmenden Repression gegen emanzipatorische Strukturen« zusammenkommen und »kollektive Momente schaffen«. Dafür griffen sie explizit auch auf den »Mythos Connewitz« als Mobilisierungsressource zurück. Man habe sich für Connewitz als Ort des Aktionswochenendes entschieden, weil hier »[d]ie örtlichen Auseinandersetzungen und Kämpfe […] vom Häuserkampf und der antifaschistischen Gegenwehr aus den 90ern geprägt [sind] und […] sich heute im Widerstand gegen Faschist*innen, Immobilienhaie und ihre Schutzbütteln in Uniform« wiederfänden. Historisch unbedarft lobten die aller Wahrscheinlichkeit nach 1989 geborenen Autoren sodann den »antifaschistischen Schutzwall«, der im Connewitz der 1990er Jahre errichtet worden sei, ungeachtet der Tatsache, dass weder die oben erwähnte Reaktion-Gruppe noch ein Antifa oder Punk der damaligen Zeit diesen DDR-Propagandabegriff für sich in Anspruch genommen hätte.

Sollte damit im Grunde nur beschrieben werden, dass es im Leipziger Szenestadtteil möglich war, Widerstand gegen Nazis zu organisieren, wurde die Rückschau dort vollends ideologisch, wo die Autoren behaupten, die »Repressionsbehörden« versuchten seit Jahren »[a]ntifaschistische und widerständige Strukturen« im Viertel zu zerschlagen, was wiederum »Immobilienhaien und Stadtplanern in die Hände« spiele. Sicher, Staatsschutz, Verfassungsschutz und Polizei ermittelten immer wieder hier und da gegen militanten Aktivismus, aber so richtig »zerschlagen« wollten sie nichts. Wenn doch ‒ und das will zur These einer fortlaufenden staatlichen Faschisierung nicht recht passen ‒, dann hätten sie sich dabei, wie die prosperierende linke Szene in Leipzig zeigt, mehr als dilettantisch angestellt. Ein Märchen auch, dass »Immobilienhaie« und das Stadtplanungsamt von zerschlagenen linken Strukturen profitieren würden. Das Gegenteil ist der Fall, weil ‒ ein Gemeinplatz aller Gentrifizierungstheorien ‒ erst die politisierten Szenepioniere und Aktivisten mit ihren Events und Etablissements die Stadtquartiere für Besserverdienende mit kulturellem Distinktionsbedürfnis attraktiv machen. Ungeachtet dieser Widersprüche bastelten die Initiatoren der Sozialbaustelle an ihrer Version der Kiezgeschichte. Denn wenn sie auf diese Bezug nahmen, dann eben nicht in Auseinandersetzung mit dem Wandel Leipzigs von einer ostdeutschen Industriestadt mit starker rechter Jugendsubkultur und einer kleinen linken Nische zu einer »linken Hochburg« (Nagel). Von Interesse war sie vielmehr allein, insofern sie sich zur Bestätigung des eigenen Tuns heranziehen ließ. Widersprüche oder ein kritischer Zugang stören da nur, müssten die Bezüge auf den »Mythos Connewitz« brüchig werden lassen und zur Infragestellung des eigenen Aktionismus führen.

Dies zeigt sich nicht zuletzt am Verhältnis zur Militanz, die sich ‒ wen wundert es ‒ auch am »Aktionswochenende« Bahn brach. Befeuert von der De-facto-Räumung eines besetzten Hauses im Leipziger Osten wenige Tage zuvor, bestand der bleibende Eindruck von der am Abend des zweiten »Kampftages« durch Connewitz ziehenden Demonstration in erster Linie im martialischen Erscheinungsbild und Auftreten der etwa 600 bis 700 Teilnehmer sowie dem Wurf einer Leuchtfackel auf den Balkon eines bewohnten Mehrfamilienhauses.[75] Im Vorfeld hatten die Organisatoren dabei einmal mehr mit Unwahrheiten ‒ auch militante ‒ Empörung geschürt. Ein Redebeitrag behauptete, in Leipzig würden immer weniger Freiräume für linke Projekte und Jugendsubkultur zur Verfügung stehen. Dass diese Aussage just auf der tatsächlichen Baustelle (der Bornaischen Straße) erfolgte, die über den gesamten Corona-Sommer 2020 für Hunderte linke Jugendliche als kilometerlanger »Freiraum« und Partymeile (für Sachbeschädigungen) genutzt wurde, mag dabei noch als Petitesse zu vernachlässigen sein. Doch auch darüber hinaus beruht die Darstellung einer existenziellen Verteidigungssituation, in der etablierte Freiräume in Gefahr sind und das Wachstum der linken Szene durch koordinierte Maßnahmen von Polizei, Kommune und anderen Repressionsorganen gestoppt und rückgängig gemacht werden soll, auf reiner Einbildung. Denn selbst wenn in der Vergangenheit der eine oder andere Club schloss und ab und an ein besetztes Haus geräumt wurde, kamen weitaus mehr selbstverwaltete Häuser, Genossenschaftsprojekte, Clubs, Kneipen oder eben eine »besetzte« Straßenbaustelle dazu. Jüngstes Beispiel, das in dieser Form zwei Wochen vor dem Aktionswochenende an die Öffentlichkeit gedrungen war: Die mittlerweile in Verträgen fixierte Umwidmung des vormalig besetzten Bahnobjekts »Black Triangle« mit Mitteln von Stadt und Immobilienunternehmen in eine Stiftung, die dafür sorgen soll, »eine nicht-kommerzielle Nutzung als Kulturzentrum auch langfristig absichern« zu können.[76] Mehr »Freiraum« war nie in Leipzig, ist man versucht zu sagen, die Gewalt scheint einmal mehr vorgeschoben.

Damit entsprach die zur Schau gestellte Militanz der »sozialen Kampfbaustelle« dem Bedeutungswandel, den linke Gewalt in Connewitz in den vergangenen drei Jahrzehnten durchlaufen hat. Denn war diese zunächst letzte Barriere gegen offensive Nazis und zeigte in einer noch stark von der untergegangenen DDR geprägten autoritären Gesellschaft den unbedingten Anspruch auf individuelle und kulturelle Selbstentfaltung gegen eine regressive Umgebungskultur an, verkam sie unter den Bedingungen einer zunehmenden Akzeptanz der linken Szene zum Mittel einer eigentlich nach innen gerichteten politischen Selbstverständigung. Noch später, angesichts einer deutlich nach links gerückten Umgebungskultur, was sich zum Beispiel darin ausdrückt, dass vom Crustcore-Anhänger bis zum SPD-Oberbürgermeister in Sachen Antifaschismus, Feminismus, Antirassismus, Alternativszene, Diversity u.a.m. entscheidende Grundwerte geteilt werden, geriet Militanz gar zum letzten Alleinstellungsmerkmal einer auch hinsichtlich ihrer akademischen Herkunft eng an die gesellschaftliche Elite angedockten Szene. Genau genommen dient sie mittlerweile nur noch der Herausstellung der eigenen Radikalität. Politisch folgt sie keiner Agenda, will also etwa auf einen bisher nicht oder nicht genügend thematisierten Sachverhalt aufmerksam machen. Ob in Sachen Antifaschismus, Gentrifizierung oder Klimaschutz ‒ überall haben parlamentarische und zivilgesellschaftliche Akteure das jeweilige Thema bereits aufgegriffen, sind gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht und ergreifen die öffentlich-rechtlichen Sender eindeutig Partei.

Aber auch als Mittel unpolitischer Negation und purer Systemverachtung ist die linke Gewalt mittlerweile verbraucht. So sind die Anfang November 2020 in den sozialen Medien verbreiteten Bilder des linken Mobs, der aus Solidarität für die von einem § 129-Verfahren bedrohte Lina E. in Connewitz als zur Militanz bereite Bande mit gezündeter Pyrotechnik posiert, kaum mehr zu unterscheiden von den ähnlich dumpf daherkommenden Inszenierungen von Hooligans und anderen Gangs jeglicher Couleur.[77] In Zeiten eines von sozialen Medien beförderten Narzissmus scheint es hier einzig darum zu gehen, das eigene Gruppenbewusstsein zum Ausdruck zu bringen und zu stärken. Als Symbol entspricht dies ungefähr dem gehobenen Hundebein am Verkehrsschild, einer Duftmarke zur Markierung des Reviers, die politisch allein noch anschlussfähig für das eigene Rudel ist. Nicht anders verhält es sich mit der nahezu anlass- und ziellosen Wiederkehr des Demokrawalls. Durchritualisiert vom Sprechchor und der Vermummung über die brennende Mülltonne bis hin zum rechtzeitigen Verschwinden vor der übermächtigen Polizei, hat er nicht nur jeden Aspekt von Anschlussfähigkeit, sondern eben auch den einstmaligen Schrecken verloren. Seine kurzfristige mediale Thematisierung, die kraftstrotzenden Ankündigungen der Politik und das folgende schnelle öffentliche Vergessen sind ebenso absehbar wie der nächste Krawall. Wenig überraschend wird diese Inszenierung, bei der linksradikale Folkloristen sich selbst den linksradikalen Rebellen vorspielen, auch Silvester 2020/2021 am Connewitzer Kreuz wieder ins Haus stehen.


1 Siehe dazu etwa das mehrere Dutzend Artikel umfassende »Special« der Leipziger Volkszeitung (LVZ), https://www.lvz.de/Thema/Specials/Silvester-2019-am-Connewitzer-Kreuz.

2 Der Kampf um Connewitz, in: Die Zeit, 8. Januar 2020; Ulrike Nimz, Wer wir eigentlich sind, in: Süddeutsche Zeitung, 22. Januar 2020; Therese Weiß, Überschattet von Gewalt, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Februar 2020.

3 Eine Nacht der Eskalation. Worte zu Silvester am Connewitzer Kreuz, 1. Januar 2020, https://jule.linxxnet.de/eine-nacht-der-eskalation-worte-zu-silvester-am-connewitzer-kreuz-01-01-2020/.

4 Zit. n.: Heftige Ausschreitungen am Connewitzer Kreuz. Polizist wird schwer verletzt, in: LVZ, 3. Januar 2020, https://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Heftige-Unruhen-am-Connewitzer-Kreuz-Polizist-wird-schwer-verletzt.

5 Offener Brief: Leipzig bleibt stabil!, https://www.facebook.com/RSL99/photos/a.403127438053/10158045712393054/?type=3.

6 Leipzig-Connewitz. Ein verunglimpfter Stadtteil?, Deutschlandfunk, 8. November 2020, https://www.deutschlandfunkkultur.de/leipzig-und-der-linksextremismus-connewitz-besser-als-sein.1076.de.html?dram:article_id=486978 (ab Minute 4:30).

7 Betrachtungen zur Silvesternacht in Connewitz, 3. Januar 2020, https://de.indymedia.org/node/57755.

8 Andreas Tappert, Wie die Gewalt nach Connewitz kam, in: LVZ, 26. November 2019, https://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Wie-die-Gewalt-nach-Connewitz-kam.

9 Straight outta Connewitz, Aufruf vom 5. Dezember 2015, https://antifakleinparis.noblogs.org/archiv/2015-2/12-12-straight-outta-connewitz-aufruf.

10 Der Süden bleibt rot!, 12. Dezember 2015, https://www.die-linke-in-leipzig.de/home/home/aktuell/detail/news/der-sueden-bleibt-rot.

11 So die Werbung auf Facebook, https://www.facebook.com/MobActionClothing/photos/a.416955875168180/1357984954398596/?type=3&theater.

12 Johannes Herwig, Bis die Sterne zittern. Roman, Hildesheim 2017.

13 Juliane Nagel, Leipzig Island. Eine Spurensuche, in: Forum Wissenschaft 37 (2020) 2, 32‒35, https://www.linksnet.de/artikel/48007.

14 So der Einladungstext, https://t1p.de/xdrs. Vgl. zur besagten Veranstaltung auch das Interview mit Sascha Lange mit Radio Corax, https://www.untergrund-blättle.ch/audio/510375/zwischen-strassenschlacht-und-kiezromantik-sascha-lange-zu-leipzig-connewitz.html.

15 So etwa als Illustration eines Blogbeitrags: Das Märchen von der Gewaltspirale in Leipzig, 26. Januar 2016, https://www.inventati.org/leipzig/?p=4123.

16 Sascha Lange, Kein Viertel wie alle anderen, in: Kreuzer, 11. Juni 2015, https://kreuzer-leipzig.de/2015/06/11/kein-viertel-wie-alle-anderen.

17 Leipzig schwarz-rot. Ein Rückblick auf 20 Jahre autonome Linke in Leipzig, https://www.anarchismus.at/die-autonomen/6118-20-jahre-autonome-linke-in-leipzig.

18 Ohne Autor, Vier Wochen Connewitz. Zu den Ereignissen vom 27./28. November 1992 und der Ermordung von Thümy, Leipzig 1993, 9.

19 Zit. n.: ebd., 15.

20 Dieter Rink, Der Traum ist aus? Hausbesetzer in Leipzig-Connewitz in den 90er Jahren, in: Roland Roth/Dieter Rucht (Hg.), Jugendkulturen, Politik und Protest. Vom Widerstand zum Kommerz?, Opladen 2000, 119‒140, hier 120‒122, 131.

21 »Eigensinn im besten Sinne des Wortes.« Anita Weiß über die nicht ganz einfache kommunale Begleitung des Conne Island, in: Conne Island (Hg.), 20 YRS. Noch lange nicht Geschichte, Berlin 2011, 37f.

22 Zit. n.: Vier Wochen Connewitz, 11.

23 Ebd., 13.

24 Anarchistischer Arbeits- und Aktionskreis Leipzig, Reaktion-Infoblatt, 17. März 1990, https://20jahre.conne-island.de/dokumente/ReaktionMaerz1990.PDF.

25 Reaktions-Heft, Frühjahr 1991, 2, https://20jahre.conne-island.de/dokumente/reaktionsheft.pdf.

26 Connie Mareth/Ray Schneider (Hg.), Haare auf Krawall. Jugendsubkultur in Leipzig 1980‒1991, erweiterte Neuauflage, Fuchshain 2020.

27 Siehe dazu auch die Beiträge in dem Band Christin Jänicke/Benjamin Paul-Siewert (Hg.), 30 Jahre Antifa in Ostdeutschland. Perspektiven auf eine eigenständige Bewegung, Münster 2017.

28 Vorbereitungsgruppe BesetzerInnenkongreß (Hg.), Reader zum bundesweiten BesetzerInnenkongreß vom 12.–14. Mai in Leipzig, Leipzig 1995.

29 Wohlfahrtsausschüsse (Hg.), Etwas Besseres als die Nation. Materialien zur Abwehr des gegenrevolutionären Übels, Hamburg 1994, 7.

30 Ebd., 52f.

31 Linke inszenierten Krawalle in Connewitz, in: LVZ, 2./3. Januar 1999, 1, 15; Soko »Silvester« hat noch keine heiße Spur, in: ebd., 23./24. Januar 1999, 21.

32 Weitere Ausschreitungen am Connewitzer Kreuz bzw. auf der Karl-Liebknecht-Straße ereigneten sich zum Jahreswechsel 1999/2000, 2000/2001 und 2002/2003 sowie im Oktober 1999 und 2002.

33 Diesen Zusammenhang stellte zumindest die Szenezeitschrift Klarofix vom Februar 1999 her, auf deren Titel es hieß: »Randale: Von Strasbourg bis Connewitz«. Siehe auch: Car burning baffles Strasbourg, in: The Guardian, 30. Dezember 1998, https://www.theguardian.com/world/1998/dec/30/paulwebster.

34 Mehr Polizisten als Teilnehmer bei Demonstration gegen Rechts, in: LVZ, 2./3. Januar 1999, 15.

35 Antifaschistische Aktion Berlin, Das Konzept Antifa. Grundsatztexte und Konkretes, Berlin 1998, 5.

36 Siehe zu den Auswirkungen etwa: Juri Dadarin, Mehr als eine unabgeschlossene Phase unserer Jugend, in: Phase 2, Nr. 40 (Herbst 2011), https://phase-zwei.org/hefte/artikel/mehr-als-eine-unabgeschlossene-phase-unserer-jugend-103/.

37 BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 30. April 1998, https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1998/04/qk19980430_1bvq000998.html.

38 Frank, Mythen aus dem Jungbrunnen, in: Cee Ieh, Nr. 45 (Juni 1998), https://www.conne-island.de/nf/45/15.html.

39 Ralf, Keine Position keine zu haben, in: ebd., Nr. 51 (Januar 1999), https://www.conne-island.de/nf/51/16.html.

40 Siehe etwa die Artikelserie »Ohne Antisemitismus kein Nationalsozialismus«, in: Cee Ieh Nr. 47, 49 u. 50 (September, November u. Dezember 1998).

41 Moishe Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus, https://www.ca-ira.net/verlag/leseproben/postone-deutschland_lp/.

42 Ralf, Keine Position keine zu haben, https://www.conne-island.de/nf/51/16.html.

43 Bündnis gegen Rechts, Verstärker-Kongress. Die postbananischen Zustände, in: Cee Ieh, Nr. 57 (Juli 1999), https://www.conne-island.de/nf/57/3.html.

44 Bündnis gegen Rechts, Aufruf zum 1. Mai 2000, https://www.nadir.org/nadir/initiativ/bgr/aufrufe/mai00.htm.

45 1. Mai, die beste Demo aller Zeiten, Aufruf der AAB zum 1. Mai 2001, in: Cee Ieh, Nr. 76 (April 2001), https://www.conne-island.de/nf/76/27.html.

46 Ebd.

47 Editorial, in: Incipito 10 (2002), 3; Fabian, Der Wunsch nach »Mob Action«, in: ebd., 11 (2002), 30.

48 Verletzte Polizisten, hohe Schäden. Entsetzen nach Krawallen in Leipzig, in: LVZ, 14. Dezember 2015, 1.

49 Aiko Kempen, Krawalle in Leipzig. Warum die Behörden eine Mitschuld tragen, in: Vice, 14. Dezember 2015, https://www.vice.com/de/article/ex8exw/ausschreitungen-am-samstag-in-leipzig-982.

50 Zit. n.: Heftige Krawalle am Rand von Neonazi-Demo im Leipziger Süden, in: LVZ, 13. Dezember 2015, https://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Heftige-Krawalle-am-Rand-von-Neonazi-Demo-im-Leipziger-Sueden.

51 Früh aufstehen gegen völkische Erweckung!, Aufruf zum 12. Dezember 2015, 7. Dezember 2015, https://platznehmen.de/2015/12/07/aufruf-zum-12-dezember-2015-frueh-aufstehen-gegen-voelkische-erweckung/.

52 Dokumentiert auf Indymedia, https://linksunten.indymedia.org/de/node/161729/index.html.

53 Straight outta Connewitz, Aufruf vom 5. Dezember 2015, https://antifakleinparis.noblogs.org/archiv/2015-2/12-12-straight-outta-connewitz-aufruf.

54 Früh aufstehen gegen völkische Erweckung!, https://platznehmen.de/2015/12/07/aufruf-zum-12-dezember-2015-frueh-aufstehen-gegen-voelkische-erweckung/.

55 Ebd.

56 Straight outta Connewitz, https://antifakleinparis.noblogs.org/archiv/2015-2/12-12-straight-outta-connewitz-aufruf.

57 Leipzigs Bürgerschaft setzt ein Zeichen. 35000 demonstrieren für weltoffene Stadt, in: LVZ, 13. Januar 2015.

58 Straight outta Connewitz, https://antifakleinparis.noblogs.org/archiv/2015-2/12-12-straight-outta-connewitz-aufruf.

59 Darüber kann im Übrigen auch die Nazi-Randale in Connewitz am 11. Januar 2016 nicht hinwegtäuschen, die ‒ wie im Netz kursierenden Handyvideos zu entnehmen ist ‒ nur wenig mit den Angst und Schrecken verbreitenden Übergriffen der frühen 1990er Jahre gemein hatte, sondern eher als »Mutprobe« gelten darf (womit die für das rasche Ende entscheidende Rolle der ansonsten gehassten Polizei noch gar nicht angesprochen ist).

60 On the streets … saving the scene from the forces of evil, in: Cee Ieh, Nr. 190 (November 2011), https://www.conne-island.de/nf/190/3.html.

61 Tanzschuppen zu Autonomen Zentren, http://einkesselbuntes.blogsport.de/2011/11/03/gentrifidingsda-in-leipzig/.

62 Ebd.

63 Siehe den gleichnamigen Schwerpunkt in: Cee Ieh, Nr. 90 (Juli 2002), https://www.conne-island.de/nf/90/index.html.

64 Wenngleich es auch ‒ gewissermaßen letztmalig ‒ fundierte Kritik an der Gentrifizierungskritik-Praxis gab. Vgl. gruppe contrecoeur, Dorfgemeinschaft Connewitz, in: Cee Ieh, Nr. 191 (Dezember 2011), https://www.conne-island.de/nf/191/3.html.

65 Siehe die Daten beim Amt für Statistik der Stadt Leipzig, https://statistik.leipzig.de/statcomp/table.aspx?cat=1&rub=2.

66 Das Amt für Statistik der Stadt Leipzig verzeichnet zwischen 2005 und 2015 für den Ortsteil Connewitz einen Bevölkerungszuwachs von 2.933 Personen, der in etwa dem ebenfalls gestiegenen Anteil Lediger entsprach (3.086), und das Durchschnittsalter um 1,2 Jahre senkte. Vgl. ebd., https://statistik.leipzig.de/statdist/table_area.aspx?dist=41.

67 Christoph Ruf, Kurvenrebellen. Die Ultras. Einblicke in eine widersprüchliche Szene, Bielefeld 2013; Peter Czoch, Ultras in Deutschland, Berlin 2016.

68 Jens Fuge, Du bist der Schrecken aller Klassen. Chemie Leipzig und seine Fans, Bd. 3, Leipzig 2018, 396‒403.

69 Eine frühe Kritik dieses Habitus ist: Andreas Reschke, Niemand wie ihr? Über Chemie Leipzig und dessen heimatbewusste Ultras, in: bonjour tristesse, 9. Dezember 2016, https://bonjourtristesse.wordpress.com/2016/12/09/bsg-chemie-leipzig-diablos-leutzsch/.

70 Siehe dazu die Artikelserie »Das Viertel bleibt dämlich«, in: Cee Ieh, Nr. 252‒256 (November 2018‒April 2019), https://roter-salon.conne-island.de/das-viertel-bleibt-daemlich/.

71 Veröffentlicht auf der mittlerweile verbotenen Plattform links unten, https://www.henning-uhle.eu/wp-content/loadingstructure/2015/12/Randalemeister2015_linksunten.indymedia.org_.pdf.

72 Let’s talk about … Connewitz, 24. März 2014, https://fuerdaspolitische.noblogs.org/lets-talk-about-connewitz/.

73 Vgl. etwa: Almut Voigt/Mathias Pleger, Antisexistische Selbstjustiz. Der Richter bist du!, in: Cee Ieh, Nr. 262 (August 2020), https://www.conne-island.de/nf/262/11.html.

74 Hier und im Folgenden zit. n.: https://sozialekampfbaustelle.noblogs.org.

75 Das Protokoll der dritten Gewaltnacht, in: LVZ, 6 September 2020, https://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Leipzig-Connewitz-Das-Protokoll-der-dritten-Gewaltnacht.

76 Leipziger Black Triangle verkauft. Distillery und TV-Club planen Kulturzentrum, in: LVZ, 25. August 2020, https://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Leipziger-Black-Triangle-verkauft-Distillery-und-TV-Club-planen-Kulturzentrum.

77 Hausdurchsuchung gestört – Bullen angegriffen!, 10. November 2020, https://de.indymedia.org/node/116201.