Dienstag, den 10.04.2018 – 18.30Uhr
Im Gespräch mit Jan Gerber & Christian Schmidt
Im 200. Jahr seiner Geburt ist Karl Marx in aller Munde. Zumindest scheint er nicht länger derart diskreditiert, wie man das nach dem Ende der Blockkonfrontation 1989/90 hatte annehmen können. Dafür sprechen nicht nur die mehr als zwei Dutzend Neuerscheinungen, die im Jahr 2017 über Marx publiziert wurden bzw. 2018 noch erscheinen werden; das Land Rheinland-Pfalz und Marx’ Heimatstadt Trier bereiten ihm eine monumentale Ausstellung, das Feuilleton überschlägt sich mit Würdigungen und selbst eine wirtschaftsliberale Zeitung wie das Handelsblatt konstatiert, dass man zum Verständnis des Kapitalismus an Marx und Das Kapital nicht vorbei komme. Wie aber erklärt sich der Marx-Boom? Ist es allein den Gesetzen des Kulturbetriebs geschuldet, dass die Jubiläen prominenter Persönlichkeiten und Ereignisse nachgerade zwanghaft stets aufs Neue aufbereitet werden? Wird deshalb derzeit scheinbar mehr über Marx gesprochen wird, als dass sein Werk konsultiert würde. Ist Marx – wie Luther – endgültig zur historischen Figur geworden?
Über die Aktualität der Marxschen Kategorien will der Rote Salon mit zwei Autoren diskutieren, die im Jubiläumsjahr neue Bücher zu ihm vorlegen: Jan Gerber mit einer historischen Studie über die Pariser Jahre von Marx und seine Wandlung vom Radikaldemokraten zum Kommunisten; Christian Schmidt mit einer stärker philosophisch orientierten Einführung in Werk und Denken. Beide Zugänge könnten unterschiedlicher kaum sein: Während Gerber von einer Beschädigung, und daraus folgend einer Entwertung zentraler marxistischer Kategorien wie Geschichte, Klasse und Revolution durch die Erschütterungen des 20. Jahrhunderts ausgeht, beharrt Schmidt auf der Gültigkeit des Marxschen Studiums der politischen Ökonomie des Kapitalismus. Während Ersterer die Genese der Begriffe in ihrem historischen Kontext nachzeichnet und danach fragt, ob sie je gestimmt haben, offenbart Letzterer einen fortwährend positiven Bezug auf Marx als Philosophen der Freiheit, dessen Denken weiterhin geeignet sei, sich die ökonomischen Verhältnisse politisch anzueignen.
In einem moderierten Gespräch sollen beide Positionen zueinander ins Verhältnis gesetzt werden. Zugleich geht es um Fragen wie: Wer macht heute noch Politik mit Marx? Kann man mit ihm auch im 21. Jahrhundert, nach der dritten industriellen Revolution, die Welt erklären? Und welche der von ihm eingeführten Begriffe und Kategorien sind bis heute nutzbar?
Gefördert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung